Freitag, September 30, 2005

autorenlesung - philippe djian

wuerde man mich fragen, welcher schriftsteller mein lieblingsautor ist, so wuerde ich wohl antworten: philippe djian. seine buecher 'verraten und verkauft', 'rueckgrat', 'moerder' und zuletzt auch 'sirenen' gehoeren zu meinen eindruecklichsten leseerfahrungen. djian's welt ist ein bisschen wild und gefaehrlich, auf der einen seite lauert 'the man' und will dich kaufen, auf der anderen seite gibt es das ewige thema 'frauen' - anziehend und verlockend sind sie, aber auch raetselhaft und zerstoerend. dazwischen stehen die maennlichen protagonisten djian's und versuchen ihr leben in wuerde zu leben, meist als schriftsteller, oft auch unter zuhilfenahme diverser rauch- und trinkbarer substanzen. als philippe djian nun zur autorenlesung ins muenchner ampere kam, wollte ich mir die gelegenheit nicht entgehen lassen und mir den guten mann mal aus der naehe anschauen. 56 jahre ist der franzose inwzischen alt, leicht verlebtes gesicht, nach hinten gekaemmtes schuetteres haupthaar, schwarze jeansjacke, schwarzes hemd, schwarze jeans, graue socken und schwarze lederschuhe. kaum auf dem podium angekommen, laesst djian erst mal das licht dimmen, es beginnt eine lesung aus dem zuletzt auf deutsch erschienenen roman 'reibereien', die fuer mich zwei erkenntnisse bereithaelt: erstens, dass ich so gut wie nichts von dem verstehe, was da auf franzoesisch gelesen wird. zweitens, dass mir dank dem deutschsprachigen teil der lesung klar wird, dass die etwas anstrengende mutter-sohn-beziehung von 'reibereien' stueckchenweise genossen doch mehr von djian's staerken zu bieten hat, als mir bei der ersten lektuere auffiel. nach der lesung gibt es den fragenteil des abends. hier gelingt es djian, sich zunaechst geschickt als pokerface zu praesentieren. leidenschaft beim schreiben? nein, er sei ein wortschmied, der jeden tag pflichtbewusst eine seite in stein meisselt, aeh, zu papier bringt. der stil, der klang der zu einer kette aufgereiten woerter, darum gehe es ihm - und um die struktur die ein solcher schriftsteller-alltag in das chaos des lebens bringe. frueher sei das zumindest so gewesen, heute schreibe er natuerlich hauptsaechlich noch des geldes wegen. und sein lyrisches werk, die songtexte fuer stephan eicher? pah, lyrik, rocktexte seien hoechstens verstuemmelte pseudo-gedichte. das textschreiben sei noch muehevoller als das romancier-dasein, letztendlich eine regelrechte qual - ein freundschaftsdienst fuer seinen kumpel eicher sei das, und nicht mehr. gegen ende des abends wird djian seinen romanhelden schliesslich doch zunehmend aehnlicher. zum roman 'reibereien' sagt er, auch die beziehung zur eigenen mutter sei letztlich eine frauenbeziehung und wie alle frauenbeziehungen eine schwieriege angelegenheit. mit dem vorwurf konfrontiert, alle seine protagonisten seien irgendwie ewige adoleszenten, meint djian nur 'na und?' - angesichts der fallgruben des lebens sei es doch eine schoene sache, wenn man sich auch als fuenfzigjaehriger noch die gemuetsverfassung eines stoerrischen jugendlichen bewahre. und mit einem seitenblick auf den erfolg michel houellebecq's stellt er fest: 'bisher gab es nur zwei moeglichkeiten, reich zu werden - fussballspieler oder rockstar. heute geht das nun anscheinend auch als schriftsteller.' fazit des abends? schon irgendwie interessant, nur braucht man nicht glauben, so wirklich hinter das geheimnis eines schriftstellers und seines werks steigen zu koennen. und klar ist auch, ein rock-gig ist so eine autorenlesung nicht.

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