Samstag, September 24, 2005

bundestagswahl 2005 - et nunc?


da ich ja vor der wahl an dieser stelle schon meine meinung kund getan habe, sehe ich mich in der nun vorliegenden nationalen notstandslage umso mehr verpflichtet, einen kommentar zur zukunft unseres landes abzugeben. realistisch betrachtet ist das chaos ja geringer als allgemein behauptet wird. da die fdp eine ampel nicht will und die grünen bei jamaica nicht mitmachen, wird die regierungsbildung wohl auf eine grosse koalition aus union und spd hinauslaufen. zeitlich wird es diese wahrscheinlich erst nach dem wahlabschluss in dresden geben und was das personal angeht, bleibt zu hoffen, dass gerhard schroeder sich den klammergriff nach der macht erspart und angela merkel wiederum uns erspart bleibt. und: ist das gut? naja, ein drama wird eine grosse koalition jedenfalls nicht werden, mancher mag sich mit recht fragen, ob wir eine solche in den letzten jahren nicht ohnehin schon hatten. und trotzdem scheint bei all der parteien-arithmetik und buendnisschmiederei den meisten zu entgehen, dass es eigentlich eine ganz naheliegende option gaebe: rot-rot-gruen. eine binsenweisheit der deutschen parteienforschung ist, dass es historisch gesehen in der brd nach dem zweiten weltkrieg nie eine linke mehrheit gab. die sozialdemokraten (bzw. seit dem einzug der gruenen ins parlament spd und gruene) schwankten stets zwischen 40 und 45 prozent, waehrend das burgerliche lager den rest des kuchens erhielt. auch die spd-gefuehrten regierungen brandt und schmidt konnten sich nur wegen des kurswechsels der fdp etablieren. nach der wiedervereinigung hat sich diese grundkonstellation allerdings geaendert: seit 1994 erringen die linken parteien spd, gruene und pds zusammen stets gute 50 prozent der waehlerstimmen, waehrend das buergerliche lager aus union und fdp bei rund 45 prozent stagniert. wuerde man nun der auffolgung joschka fischers vom wahlabend folgen, den im wahlresultat zum ausdruck kommenden volkswillen richtig zu lesen, waere die konsequente antwort die bildung einer linken regierung aus spd, gruenen und linkspartei. und das waere - auch im europaeischen kontext - doch wirklich mal eine interessante idee: eine moderne links-demokratische regierung, die vor den herausforderungen der zeit nicht die augen verschliesst, aber auch nicht in blinder gefolgschaft dem wirtschaftsliberalen zeitgeist hinterher rennt. in der die spd nicht nur in der wahlkampfrhetorik reformbedarf und sozialen ausgleich unter einen hut bringt und in der die linkspartei einmal mehr zustande bringen muss als nur luftschloesser. da aber gerade in der politik der konjunktiv wenig zaehlt, bleibe ich mal auf dem boden der grossen-koalitions-realitaet und werde mich wohl oder uebel auf einen kanzler wulff, koch - oder gar stoiber - einstellen.

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